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Kann man mit Aktivkohle den Körper entgiften?

Aktivkohle Pulver und Kapseln

Seit einigen Jahren hält sich hartnäckig die Auffassung, dass man Aktivkohle (A-Kohle) nutzen könne, um den Körper zu entgiften. Dieser Detox-Trend entstand ursprünglich in Japan und schwappte über Amerika auch zu uns. Von schwarzer Limonade über Brötchen bis hin zu Eiscreme und „Designerwasser“ wurden Lebensmittel mit Aktivkohle schwarz gefärbt. Als Zusatzstoff E 153 (Pflanzenkohle) ist sie auch bei uns in Lebensmitteln zugelassen und wird beispielsweise zum Einfärben der schwarzen Wachsrinde bei Käse genutzt. Auch im französischen Schnittkäse „Morbier“ befindet sich eine dünne Schicht Pflanzenkohle.


Doch kann man damit den Körper entgiften? Was Aktivkohle ist, wie sie wirkt und was Wissenschaftler zu diesem Trend sagen, erfährst du hier. Neugierig geworden? Dann lass uns starten…

Was ist Aktivkohle?

Bei Aktivkohle handelt es sich um ein schwarzes, geschmacks- und geruchsneutrales Pulver. Es wird aus kohlestoffhaltigen Materialien wie Torf, Holz oder den Schalen von Kokosnüssen hergestellt, die bei hohen Temperaturen mit Sauerstoff behandelt werden. Dadurch werden die Poren verkleinert und die Oberfläche durch unzählige kleinste Löcher vergrößert, wodurch A-Kohle in der Lage ist, andere Stoffe – wie beispielsweise Toxine – aufzunehmen (2).
Wenn man bedenkt, dass Aktivkohle eine Oberfläche von 2000qm/g und somit etwa ein Fünftel eines Fußballfeldes pro Gramm hat, kann man sich ungefähr vorstellen, wie groß die Menge ist, die sie absorbieren kann (1) (3).

Die Wirkung von Aktivkohle

Als Notfallmittel bei Vergiftungen wird A-Kohle bereits seit dem 19. Jahrhundert genutzt. Weil es eine Vielzahl von Medikamenten und Toxinen aufnehmen und binden kann, gehört es heute als so genanntes „unspezifisches Adsorbens“ zu den 5 Gegengiften der „Bremer Liste“ und ist in jedem Rettungswagen vorhanden (4).

Durch die beinahe unvorstellbare Menge an Stoffen, die Aktivkohle pro Gramm aufnehmen kann, wird sie im medizinischen Bereich nicht nur bei Vergiftungen, sondern auch als probates Mittel bei Durchfall eingesetzt. Schadstoffe wie Bakterien, Viren und Toxine werden von der Aktivkohle absorbiert, im Darm gebunden, eingeschlossen und über den Stuhl ausgeleitet (1). Dadurch haben die schädlichen Stoffe keine Möglichkeit, in die Blutbahn zu gelangen.

Im Falle einer Vergiftung sollte man die Aktivkohle jedoch nicht selbst anwenden, sondern von einem Arzt vornehmen lassen – und das möglichst innerhalb der ersten Stunde (5).

Studien zufolge wirkt A-Kohle allerdings nicht in allen Fällen entgiftend. So konnte nachgewiesen werden, dass ihr Einfluss u.a. auf Alkohol, Schwermetalle, Eisen oder Säure sehr gering ist.

Potentielle Vorteile

Obwohl Aktivkohle seit der Antike bei allerlei Beschwerden genutzt wird, gibt es bisher leider zu wenige Studien, welche die überlieferten Vorteile bestätigen.

Unterstützung der Nierenfunktion

Kranke Nieren sind nur ungenügend in der Lage, Harnstoffe und Toxine zu entfernen. Aktivkohle kann sich an diese Stoffe binden und sie ausleiten, was sich besonders bei Menschen mit einer Nierenkrankheit positiv auswirken kann. Weitere Untersuchungen müssen folgen (6).

Senkung des Cholesterinspiegels

Aktivkohle kann Cholesterin im Darm binden und dadurch verhindern, dass es in den Körper gelangt.

In einer kleinen Studie erhielten sieben Patienten mit Hypercholesterinämie (eine zu hohe Menge Cholesterin im Blut) dreimal täglich 8g über 4 Wochen. Im Ergebnis sanken Plasma-Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin um 25 % bzw. 41 %, während HDL-Cholesterin um 8 % zunahm. Dabei wurden kaum Nebenwirkungen beobachtet (7).
Leider ist die Anzahl vorliegender Studien sowie der Teilnehmerzahl zu gering, um daraus gültige Schlüsse ziehen zu können. Es muss weiter geforscht werden.

Durchfall

Die Hauptursachen von Durchfall sind Medikamente und bakterielle Infektionen – so die Wissenschaftler. Aktivkohle kann diese aufgenommenen Toxine aus dem Darm anziehen, binden und über den Kot ausleiten. Deshalb kann Aktivkohle geeignet sein, um Durchfall mit relativ wenig Nebenwirkungen zu behandeln (9).

Aktivkohle und Lebensmittel

Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Aktivkohle in Lebensmitteln entgiftend wirkt. Auch zur oft beschriebenen entgiftenden Wirkung in Zusammenhang mit Alkohol oder einem Kater konnte ich keine Belege finden.

Aufhellung der Zähne

Aktivkohle in Zahnpasta oder Mundwasser wird nachgesagt, Plaque durch Absorption zu entfernen und die Zähne aufzuhellen. Leider habe ich für diese Behauptung keine bestätigenden oder ablehnenden Studien gefunden.

Ein Literaturreview aus entsprechenden Artikeln ergab folgendes Bild: Zwei Studien erkannten eine unpräzise Verminderung von Karies und 3 Studien zeigten schädliche Folgen wie erhöhte Karies, Schmelzabrieb oder weitere unerwünschte Auswirkungen. In einer weiteren Studie wurde erkannt, dass das Bürsten mit Aktivkohle keine negativen Auswirkungen hatte (10).

Linderung von Akne

Eine Gesichtsmaske mit Aktivkohle soll abgestorbene Hautschuppen beseitigen und Akne lindern können. Ich habe weder für noch gegen diese Behauptung Beweise gefunden.

Zu den Risiken

Neben der in bestimmten Fällen positiven Wirkung von Aktivkohle auf den Organismus hat die Einnahme auch eine Kehrseite. Während sie Toxine absorbiert und bindet, fängt sie auch wichtige Nährstoffe aus dem Verdauungstrakt mit ein. Weil sie deinem Organismus dann nicht mehr zur Verfügung stehen, kann das die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen und zu Krankheiten führen (8).

Falls du Medikamente einnehmen musst, kann die Wirkung durch Aktivkohle verhindert oder reduziert werden.

Bedenke auch, dass ein Teelöffel Aktivkohle etwa 3g und somit 12 Kohletabletten a 250mg entspricht. Wenn du also einen Teelöffel in ein Getränk oder in eine Speise rührst, kann das zu einer unangenehmen Verstopfung führen (1).

Zum Schluss

Tatsächlich kann Aktivkohle in einigen Fällen ein wirksames Entgiftungsmittel sein. Eine besondere Bedeutung hat es als Notfallmedikament bei bestimmten Vergiftungen und ist deshalb in jedem Rettungswagen vorhanden. Allerdings solltest du die A-Kohle bei einer Vergiftung nicht selbst einnehmen, sondern immer einen Arzt aufsuchen. Er weiß am besten über die Wirkung und die Dosierung Bescheid.

Dafür, dass Aktivkohle zur wirksamen Entgiftung des Organismus beitragen kann, gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise.

Bezüglich der Unterstützung der Nierenfunktion, zur Senkung des Cholesterinspiegels und bei Durchfallerkrankungen konnte in Studien eine positive Wirkung gezeigt werden. Wenn du Aktivkohle bei deinem Gesundheitsproblem nutzen willst, solltest du die Einnahme mit dem Arzt oder Heilpraktiker besprechen, um die Dosierung an die Diagnose anzupassen.

Trotz Werbeversprechen konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden, ob durch A-Kohle ein Aufhellen der Zähne oder die Lösung von Hautproblemen möglich ist. Es fehlen ausreichende Studien zur Wirkung und zu den Risiken.

Falls du Aktivkohle in einem Smoothie (oder wo auch immer) probieren möchtest, ist das sicher kein Problem. Zu hoch sollte die Dosis jedoch nicht sein, um eine Verstopfung zu vermeiden. Allerdings wird davon abgeraten, Aktivkohle dauerhaft zu nutzen.

Bleib oder werde gesund und pass gut auf dich auf!

Haftungsausschluss

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Quellen:

(1) Verbraucherservice Bayern im KDFB e.V.; Lebensmittel mit Altivkohle nicht unproblematzisch; Nachzulesen unter diesem Link
(2) F. Rodriguez-Reinoso, in; Activated Carbon and Adsorption; Encyclopedia of Materials: Science and Technology, 2001; Nachzulesen unter diesem Link
(3) David N. Juurlink; Activated charcoal for acute overdose: a reappraisal; British Pharmacological Society Journals; Nachzulesen unter diesem Link
(4) Pschyrembel; Bremer Liste; Nachzulesen unter diesem Link
(5) P A Cheka, D Seger et al.; Position paper: Single-dose activated charcoal; NIH National Library of Medicine; Nachzulesen unter diesem Link


(6) Badreldin H Ali, Mohamed Alza’abi et al.; The effect of activated charcoal on adenine-induced chronic renal failure in rats; PubMed; Nachzulesen unter diesem Link
(7) P Kuusisto, H Vapaatalo et al.; Effect of activated charcoal on hypercholesterolaemia; PubMed: Nachzulesen unter diesem Link
(8) Yu-Jie Zhang, Sha Li e al., Impacts of Gut Bacteria on Human Health and Diseases; NIH National Library of Medicine: Nachzulesen unter diesem Link
(9) Helen Senderovich & Megan J. Vierhout; Is there a role for charcoal in palliative diarrhea management?; Taylor & Francis Online; Nachzulesen unter diesem Link
(10) John K. Brooks DDS, Nasir Bashirelahi PhD & Mark A. Reynolds DDS PhD; Charcoal and charcoal-based dentifrices: A literature review; The Journal of the Anerican Dental Association; Nachzulesen unter diesem Link

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